Montag, November 25, 2013

Ideologie/Widerstand/Revolution

Das Spannungsgefüge zwischen den Bedeutungskomplexen Ideologie/Widerstand/Revolution ist explosiv genug, um daraus ein abendfüllendes, pulsierendes, energetisches Stück zu machen.
  1. Ideologien sind mythische Systeme, die aus politischen Erzählungen leben. Diese politischen Geschichten weichen oft von der Realität ab und bestimmen trotzdem die Politik der Regierungen.
  2. Widerstand bezeichnet die Verweigerung des Gehorsams oder das in Opposition stehen gegenüber den Herrschenden. Widerstand ist hier Ideologiekritik als Gegentat.
  3. Eine Revolution ist der Umsturz einer ausdifferenzierten, bestehenden Ordnung durch Widerstand. Wir sprechen hier von gewaltloser Revolution. Dieser Widerstand kann aktivistisch, künstlerisch oder intellektuell betrieben werden. Notwendig dafür ist eine Entmythisierung von Ideologie zu objektiver Realität durch oppositionelle Gruppen.
  4. Wie ist der Widerstand des Theaters? Das Theater entwickelt Widerstandsszenarien und spiegelt das Selbstverständnis der Machtinstanzen und der oppositionellen Kräfte (wirklich und zugeschrieben). Daraus entsteht seine Deutungshoheit.
Reißt die abgefuckten Gedankengebäude ab! Und zwar durch: THEATER!







Montag, November 18, 2013

Der Michel rennt aus der Hütte


Der Bedeutungskomplex der Reduktion, erlaubt, in Bezug auf die Bühne angewandt, größere Möglichkeiten der Darstellung:

Zum Beispiel eine Szene, die unerträgliche Spannung hervorruft durch extreme Reduktion der Zeichen und des Tempos: das ist so, als wenn Sie aus einem durchschnittlichen Wohnzimmer Fernseher, Laptop, Handy und Stereoanlage entfernen und dem jeweiligen Michel darin sagen, er möge nicht durchdrehen, sondern nur ruhig sitzen und an die Wand starren. Nach spätestens einer Stunde wird der aus der Hütte rennen.

Oder: Jede Darstellung, die aus Reduktion einen ästhetischen, intellektuellen  und atmosphärischen Mehrwert gewinnt, wie auch immer /nur mit den Augen reden/mit den Füßen greifen/nur mit dem Mund ausdrücken/mit Maske/reduzierte Sprache/reduzierte Musik, reduzierter Klang, Gang, Blick, Körper, Kopf, reduzierte Mimik, Moral, Wirklichkeit, etc.

Auch: Die Reduktion der Sinneswahrnehmung nimmt dem vom heutigen Leben extremstens sinnesgestressten Zuschauer mit in ein anderes Land. Es ist das Reich der Langsamkeit, des Schweigenden, des (fast) leeren Raums. Fragmente aus Sein, Schatten, Träume beleben dieses Land, hin zum Ausgangspunkt des noch nicht Denkenden, nur Wahrnehmenden. Im Idealfall schreitet der Zuschauer geistig durch eine Theaterwelt aus reduzierten Zeichen, die ihn gleichsam vom Wahrnehmungsmüll entrümpelt und ihm dafür etwas bietet, das er sonst nicht bekommt.
 
Bleibt nur die Frage, was man tun muss, damit der Zuschauer sich darauf einlässt. Und eben nicht schreiend rausrennt.
 
 

 

Montag, November 11, 2013

Gestammelte Laute / endlose Schreie

Im Theater gibt es nicht nur Sprache im Wortsinn, nein, es gibt auch Sprache im archaischen, lautlichen oder tonhaften Sinn.
Das wissen wir frühestens seit der griechischen Praxis der Klagelaute in der antiken Tragödie oder auch seit Artaud's Theorie eines Theaters der Grausamkeit und den Experimenten, die Peter Brook und viele Andere mit dieser Theorie angestellt haben.
Aber es ist eine zeitlose Idee und: Etwas total Faszinierendes. Warum? Weil durch die lautliche Ebene tiefere Schichten des Bewusstseins freigesetzt und ausgedrückt werden können. Die Affenartigkeit auch noch des urbanen Menschentiers freizulegen, seinen Bezug zu den Eingeweiden: viszerale Macht des Instinkts. Aber wozu würde das führen?
Man stelle sich einen Schrei vor, der alles Leid der Welt umfasst, allen kreatürlichen Schmerz enthält. Dann macht man einen Theaterabend daraus. Eine Choreographie nackter Körper, die im Veitstanz über die Bühne krampfen und zuckend archaische Laute oder heisere, endlose Schreie von sich geben. Dazu Trommeln, elektrische Klangcollagen und verzerrtes Nachrichtengeplapper. Puppen, die ihre sklettigen Finger ausstrecken und die ganze Zeit klappern, ein einziger, riesiger Alptraum von fünf Stunden Länge, der bei Hunderten Zuschauern Traumata hervorrufen würde, Theaterfolter, bis die Zuschauer mitschreien....
Ja, es ist eine faszinierende Idee, aber: die Menge macht das Gift.

Montag, November 04, 2013

Ein neues Stück schreiben/WERKSTATT

Also, ich bin mal wieder soweit und will ein glorreiches, neues Stück schreiben. Irgendwie muss man ja anfangen. Ich muss zugeben, dass ich die Dramatik aus einer zeitweisen Abneigung und auch aus Zeitmangel heraus vernachlässigt habe. Wie das halt manchmal so is'. Doch ich bin zurück. Und will ein Stück schreiben.
Erster Schritt:  ausreichend Bücher über/mit Theater in die Leseecke packen und regelmäßig lesen. Was ich  dann brauche, ist ein adäquates Thema, verrückte Figuren und einen lockeren, angedeuteten, roten Faden, in dem sich später die Performance entfalten kann.
Parallel dazu lese ich Kritiken, schaue mir Theaterfotos an und versuche, dem Gegenwartstheater auf der Spur zu bleiben.
Wichtig ist auch, dass ich mir grundlegende Gedanken über Theater mache, wie funktioniert es, wie ist es, was kann es leisten, was nicht? Das fließt alles mit ein.
Irgendwann geht die Träumerei los. Ich warte darauf, dass sich die Figuren verhalten, bewegen, sprechen, dass Inhalte anklopfen und sagen, hey, ich bin wichtig. Das kann ganz schön lange dauern, bis alles soweit stimmt.
Erste Schreibversuche kommen früher oder später dazu, einzelne Monologe, erste Dialoge, Bekenntnisse, Einstellungen, Ideologien.
Dann arbeite ich so weiter, bis der Rohbau fertig ist, dann wird geschrieben und am Ende steht das Haus da.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Ich habe ja schließlich auch noch andere Dinge zu tun.