Montag, Oktober 24, 2016

betrachtungen 1 /241016 Europen und der Stier


 Toleranz bedeutet, das Andere, Bedrohende, nicht auszugrenzen, sondern zu integrieren. Wenn die alten Griechen den Dionysoskult nicht mit in ihre Festordnung eingebunden hätten, hätte die Sprengkraft des Ekstatischen Attika vernichten können. Aber es kam anders. Die Peisistratiden brachten, im 6. Jhrd. vor Christus, den Rausch, den Sexus und das Emotionale unter die Kontrolle der Zwecke der Tyrannis, einfach, indem sie den Volksglauben staatlich legitimierten und organisierten: als Dionysosfest. Daraus ist dann unter Anderem das europäische Theater entstanden. Wenn wir heute etwas daraus lernen können, dann, dass uns Toleranz helfen kann. Dadurch, das wir die Flüchtlinge, den Islam, die Prekären, die Drogen, zu einem Teil von uns machen, entsteht nutzbare Vielfalt. Selbst die steinharten griechischen Tyrannen wussten das. Es ist eine Schande, das die hysterische Europe auf dem mythischen Stier der Ideologien reiten darf, der sich Zeus nennt, doch wie der Ochse immer nur libidinös täuscht. Rechte vortäuscht. Das kleine Europa, scheinbar wattiert durch seine erklärten Rechte, ideologisiert diese durch Mittel, welche von medialen Verwischungen über politische Verirrungen bis hin zur partiellen Unsichtbarkeit dieser Rechte im Falle der bestehenden, strukturellen Defizite im Gesellschaftlichen, Sozialen und Rechtlichen reichen. Der Ungerechtigkeiten gibt es genug, die Probleme sind riesengroß. Minderheitenrechte, Hartz-IV- und Asylgesetzgebung, Arbeitsleben, Gesundheitswesen, Mobilität, Natur und Altersarmut sind davon nur einige. Wenn die Herrschenden in Europa die Integration des Fremden, Neuen, Anderen so ernst nähmen, wie die den Dionysoskult ins Staatswesen aufnehmenden, alten Griechen, wir hätten viel gewonnen. Es gäbe genug denkerische Innovationskraft, um so ein Projekt anzugehen. Das Projekt der Integration alles Differenten.
Nur ist es nicht machbar. Weil der Mensch der Mensch ist; Der egoistische Mensch. Der alles hat, mit Ausnahme der nötigen Toleranz. Der selbst schreit, wenn er nur erkältet ist. Oder. Geld. Verliert. Oder: Luxus, Zeit und die üblichen Verwöhnungen. Und was im Kleinen gilt, trifft meist auch auf das Große zu. Staaten, Banken, Institutionen, Medien. Der egoistische Staat und viele seiner Vertreter beispielsweise haben immer ihre Häupter den gleicheren Tieren hingeneigt, die Tolerierten fressen aus dem Trog der Macht wie der Akzeptanz, die angeblich weniger Werten, die Verachteten, die 'Extremisten', hungern bis zum Ersten des Monats. Hast Du Geld, Macht oder Ansehen, wirst Du toleriert, gehörst Du dazu. Hast Du Hunger, bist Du arm, fremd oder anders, stoßen sie Dich ab, wie ein Paket wertloser Aktien. Sie sprechen in ihrem Wahn von Grenzschließungen, Abschiebungen, Hartz-IV-Verschärfungen oder -Sanktionen, Rentenkürzungen, Arbeiten bis 67, benachteiligen oder diskriminieren Kranke, Behinderte, Alte, Flüchtlinge, Frauen und Migranten und reden  sonntagsredig von notwendigen Verbesserungen oder den Werten des Grundgesetzes, nur um in der Woche den nächsten Wahnsinn zu beschließen.
Nötig wäre das, was viele nicht haben: Etwas mehr Toleranz. Toleranz statt Hass oder Gleichgültigkeit. Doch dazu reicht es bei ihnen nicht, im Kleinen wie im Großen, Europe lässt den ideologischen Stier durchgehen, wie es ihr passt. Reichen würde, den ethischen Anspruch des Grundgesetzes ernst zu nehmen. Reichen würde auch, es den Griechen gleichzumachen, das Fremde zu integrieren, anstatt es für immer auszuschließen ... etwas mehr Offenheit zu beweisen ... wir würden feststellen dürfen, das sich alles verbessern würde, das viele Problemstellungen verschwänden ... aber der gierige, machtbesessen verhärtete, nur an sich und seine hassvolle Gemütlichkeit denkende homo sapiens zeigt derart wenig Weisheit, das das Schreien der Benachteiligten uns selbst hier, 'über allen Wipfeln', die berühmte Ruhe stiehlt ... möge Europe den göttlichen Stier mehr beherrschen können, wir hätten alle was davon.

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